Wissenszirkel - Ölalterung

  • Hallo,


    in meiner Firma, ein ehemaliger BP Chemiebetrieb, werden immer wieder Wissenszirkel von unseren und externen Ingenieuren angeboten, die Themen behandeln die bei uns anfallen. Wir betreiben eben einen Haufen Anlagen, ein Kraftwerk und ziemlich große Aggregate, Motoren usw. Neulich war ich mal bei einem Wissenszirkel, bei dem es um Kavitation und Druckschläge ging, durchgeführt von einem Prüfingenieur für Rohrsysteme. Seitdem weiss ich, ja, auch Wasser ist komprimierbar.
    Jetzt habe ich mich mal für das Thema "Ölalterung in tribologischen Systemem - Verhinderung von Ausfällen von Turbomaschinen" angemeldet. Scheint ja doch ein Thema zu sein, mit der Ölalterung, wenn sich unsere Ingenieure damit beschäftigen (müssen). Gerne berichte, sollte es etwas zu berichten geben.


    Was ich bisher darüber in Erfahrung bringen konnte, z.T. auch auch Kollegenwissen von ehemaligen Castrol-Mitarbeitern, habe ich hier mal runterschrobiert: Ölalterung .


    Gruß
    AWo

    Ich fahre Land Rover Defender um die richtige Work-Drive-Balance zu finden.

    [: ]o#o[ :] SOS - Save old Series [:o]===[o:]

  • Wenn ich skandinavisches Öl trinke altere ich auch jedesmal sichtbar... :facepalm:


    dann scheinst Du immer das Leichtöl zu erwischen :loudly_crying_face:


    versuch es mit Schweröl und alles wird gut :hey:

  • Der Vortrag ist heute leider zunächst ohne Ersatz abgesagt worden. :loudly_crying_face:


    AWo

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  • Der neue Termin steht. Schon angemeldet.


    Gruß
    AWo

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  • Sehr guter Beitrag. Damit hat sich ja meine Frage zu so einem Öl-Permanent-Bypassfilter schon erledigt.


    Der ist mir von jemanden empfohlen worden, hab aber immer gezögert. Nu´ lass ich das doch lieber bleiben! :thumbs_up:

    Ich werd´ nicht überholt, ich lass vorbei!

  • Heute wurde der Vortrag gehalten. Thema war das Verhindern von Ölalterung in tribologischen Turbomaschinen (Tribologie: Lehre von der Reibung).


    Die schlechte Nachricht ist: Ja, die Ölkonzerne sind gewinnorientiert. Fairerweise muss man aber sagen, dass dem ebenfalls gewinnorientierte Kunden gegenüber stehen, die sich auch nicht einfach so das Geld aus der Tasche ziehen lassen. Damit meine ich im Wesentlichen meinen Arbeitgeber als Konzernkunden der Ölhersteller.
    Die gute Nachricht ist: Ölalterung und Ölwechsel sind keine Verschwörung der Ölkonzerne. Die Schäden die dadurch entstehen sind real und die Ursachen messbar und auf überaltertes Öl zurückzuführen.


    Ich sollte vorwegschicken, dass es bei dem Vortrag heute nicht um Otto- oder Dieselmotoren mit Turbolader ging, sondern um Turbinen in Verdichtern usw. Was die Ölalterung und deren Ursachen (Ölbelastung) angeht gibt es aber Überschneidungen. Was bei diesen Turbinen wegfällt, sind natürlich die schädlichen Eintragungen durch Kraftstoff und dessen Verbrennung.


    Ein paar Rahmeninformationen:
    Additive im Öl haben drei Aufgaben: nicht-existente Eigenschaften herstellen, bestehende Eigenschaften unterdrücken oder verstärken.
    Die Summe der Additive in einem Öl verhält sich anders und jedes Additiv schwächer, als wenn es einzeln im Öl vorhanden ist.
    Die Nuztungsdauer eines Turbinenöls liegt so zwischen 5 und 10 Jahren, wobei 5 Jahre als kurz gilt. Alle 5 Jahre wird die Turbine eh zwangszerlegt und geht dafür außer Betrieb (Revisionsstillstand). Auf der anderen Seite liegen aber auch Ölmengen von mehreren tausend Litern vor, sonst wäre diese Laufzeit nicht möglich. Vollständige Ölwechsel sind nicht so einfach machbar, dass bedeutet einen Anlagenstillstand. Daher werden, wenn nötig Teilmengen im Betrieb getauscht, was aber als suboptimal gilt, siehe Autooxidation.
    Primär sind mineralische Öle im Einsatz. Nicht weil sie besser sind, sondern weil es wirtschaftlich ist. Synthetische sind besser weil haltbarer, aber sie sind auch deutlich teurer. Es wird erwartet, dass die Preise langsam anfangen zu sinken.
    Ob ein Ölwechsel nötig ist, wird ausschließlich durch Öluntersuchungen in Intervallen von 3-6 Monaten in speziellen Prüflaboren bestimmt. Es gibt eine Reihe von Tests, die mit dem Öl absolviert werden, um dessen Restleistung bzw. den Grad der Alterung zu bestimmen.


    Was lässt Öl altern?
    Primär ist dies die Autooxidation (Oxidation). Durch normale Umgebungsluft und zusätzliche Lufteinträge durch undichte Leitungen beginnt das Öl chemische Verfallprozesse durch sogenannte Starter, die sich nach dem Schneeballprinzip fortsetzen. Daher ist es wichtig das gesamte Öl zu tauschen, um möglichst wenig Starter im System übrig zu lassen. Der Verfallsprozess führt u.a. zu Säuren, erhöhter Kondensation und Polymerisation. Additive im Öl neutralisieren die Säuren. Sind diese Additive verbraucht, war es das. Nachadditivieren ist, zumindest in diesem Bereich, nur sehr erfahrenen Fachleuten vorbehalten, da dies exakt abgestimmt sein muss. Daher wird das nur im Notfall gemacht, wenn ein Anlagenstillstand nicht akzeptabel ist.


    Dann kommt die Temperatur (Hitze). Die Turbinenöle arbeiten in einer Temperaturspanne von 50-110 Grad Celsius. Eine Erhöhung um lediglich 10 Grad lässt das Öl um 50% schneller altern. Dies ist eine punktuelle Alterung an den entsprechend warmen Flächen und betrifft nicht die gesamte Ölmenge auf einmal. D.h. nur das an den entsprechenden Flächen und Stellen wärmere Öl unterliegt der beschleunigten Alterung. In Summe betrifft dies natürlich schon die gesamte Ölmenge, aber der Effekt wird durch die großen Ölmengen kompensiert. Überhitzung führt auch zu zwei weiteren Effekten: Elektrostatische Entladungen die in der Lage sind punktuell das Material zu beschädigen (Temperaturen von über 10.000 Grad Celsius) und der Mikro-Dieseleffekt (hat nichts mit Dieselkraftstoff zu tun) bei dem sich Bestandteile des Öls selbst entzünden und einen Kavitationseffekt auslösen, der zu Rissen und Oberflächenbeschädigungen führen kann.


    Katalytische Effekte durch metallische Verunreinigungen. Diese entstehen durch Abrieb und durch die bei Überhitzung auftretenden Beschädigungen des Oberflächenmaterials. So kann Öl auch in Kontakt mit Metallen kommen, die vor dem Öl geschützt werden sollten und ebenfalls die Ölalterung beschleunigen.


    Erscheinungen der Ölalterung, weil reversibel und somit kein eigentlicher Ölalterungsprozess, sind zum einen die Verunreinigungen selbst. Sie führen zur beschleunigten Ölalterung durch Katalyse, können aber gefilltert werden.
    Dann gibt es sogenannte weiche Verunreinigungen die aus Stoffen gebildet werden die durch den Ölalterungsprozess und verbrauchte Additive entstehen. Aus diesen organischen Verbindungen bilden sich Schlamm, harz- und lackartige Ablagerungen. Öfters ist jetzt auch der Begriff Varnish zu lesen, damit sind nur die lackartigen Ablagerungen gemeint. Hier entstehen gerade neue Forschungszweige, da diese Effekte noch nicht hinreichend bekannt sind.
    Wasser zählt auch nicht zum Ölalterungsprozess, da es wieder entzogen werden kann, führt aber zur beschleunigten Katalyse und treibt somit den Alterungsprozess voran.


    Gruß
    AWo

    Ich fahre Land Rover Defender um die richtige Work-Drive-Balance zu finden.

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