Testbericht aus der FAZ

  • Fahrtbericht Land Rover Defender
    Diese Legende währt wohl ewig
    Sein Ruf eilt ihm voraus. Die Off-Road-Qualitäten des Land Rover Defenders machen ihn zum Lieblingsauto von Abenteurern, Armeen und britischen Landwirten. Trotz vieler Verbesserungen bleibt aber auch das neue Modell 90 TD4 SE ein Relikt, das nur von seinem Kultstatus lebt.


    DruckenVersendenSpeichernVorherige SeiteKurz-Link kopieren
    TeilenTwitter
    Relikt mit Kultstatus: Der Land Rover Defender 90 TD4 SE
    20. September 2007 Es ist kaum zu glauben, dass sich ausgerechnet in Deutschland ein Auto verkaufen lässt, das nicht schneller als 130 km/h fährt. Aber wer einen Land Rover Defender haben will, fragt nicht nach der Höchstgeschwindigkeit, sondern er interessiert sich vielmehr für Wattiefe, Böschungswinkel und Untersetzungsgetriebe. Oder er möchte einfach so ein Auto haben wie damals in Daktari.


    Dabei ist der Defender gar kein Auto, sondern im wahrsten Sinne des Wortes ein Geländewagen. Mehr nicht und auch nicht weniger. Wer das einmal begriffen hat, wird ihn schnell lieben lernen.




    Ein Fahrzeug von vorgestern
    Aber alle, die nach ihm schielen, weil sie es für schick halten, mit dem urigen Briten über den Boulevard zu flanieren, seien gewarnt: Auch nach den unlängst erfolgten umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen bleibt der „Landy“ ein Fahrzeug von gestern, ja vielleicht sogar von vorgestern.


    Das fängt schon bei den Sitzen an. Wie seit 1948 logieren Fahrer und Beifahrer auf einer Art Podest, was zur Folge hat, das man die Sitzflächen kaum verstellen kann. Und nach wie vor muss der Fahrer viel zu nahe an der Tür kauern und sehr senkrecht sitzen.



    Außerdem gibt es kein ESP, keine Airbags, keinen Partikelfilter, keine Knautschzonen und kaum Fahrkomfort, zwei starre Achsen lassen grüßen. Kritisieren muss man zudem schwache Bremsen, ein gewöhnungsbedürftiges Fahrverhalten, hohen Kraftstoffverbrauch, untaugliche Rücksitze (aber endlich in Fahrtrichtung) und einen zu kleinen Kofferraum, wenn es zu viert auf die Reise gehen soll.


    Armeen schätzen seine Robustheit
    Kurz, der Land Rover bleibt auch mit dem 2,4-Liter-Motor aus dem Hause Ford und dem neuen Armaturenbrett ein Unikum auf Rädern, das nur von seinem rustikalen Charme und seinen zweifelsohne sehr hohen Qualitäten als Allesüberwinder lebt. Davon aber nicht schlecht. Viele Armeen dieser Welt schätzen seine Robustheit, Abenteurer fahren mit ihm in die Wüste, und als Traktor-Ersatz taugt er ebenfalls.


    Ein billiger Spaß ist die Reise in die Vergangenheit jedoch nicht: Die einfachste und zugleich ehrlichste Version mit Plane über der kurzen Ladefläche (wie 1948) kostet schon 24.800 Euro. Und für den kurzen Station Wagon in der SE-Ausstattung sind 30.400 Euro ein stolzer Preis, wobei die Kosten für ABS (1760 Euro) und die Klimaanlage (1610 Euro) noch addiert werden müssen.


    Never change a winning team


    Bei einem Land Rover Defender zählt nicht die Höchstgeschwindigkeit
    Radio-CD, elektrische Fensterheber, eine Zentralverriegelung und die große, aus Sperrholz gezimmerte Ablagebox zwischen den Vordersitzen sind ebenso Teil der SE-Ausstattung wie die Sitzheizung und eine beheizbare Windschutzscheibe. Die ragt steil wie eh und je in den Himmel, verschwunden sind die bei den Fans so geliebten Lüftungsklappen, der Defender-Fahrer 2007 blickt auf eine wirklich moderne Armaturentafel mit den gängigen Anzeigen, aber auch mit Drehzahlmesser, schöner Analog-Uhr und ergonomisch günstig angeordneten Bedienelementen.


    Ganz wichtig: Heizung und Lüftung haben endlich ihren Namen verdient. Bei so viel Fortschritt musste man aber offenbar am alten Lenkrad mit dem dicken Knubbel in der Mitte festhalten, auch das Zündschloss sitzt nach wie vor links, die Schlüssel sehen immer noch so aus wie in unserem Land Rover von 1976. Die Griffe, um die Tür zuzuziehen, werden ebenfalls seit den siebziger Jahren verbaut. Diese – die vierte – Modellreihe des Land Rover läuft nun schon seit 25 Jahren. Never change a winning team.


    Die Fahrleistungen sind bescheiden


    Seit 1948 logieren Fahrer und Beifahrer auf einer Art Podest
    Nicht mehr zufrieden war man bei Land Rover mit dem eigenen 2,5-Liter-Diesel. Daher hat man einen aus den Ford-Regalen unter die Haube gepackt, die dafür etwas angehoben werden musste. Zwar ist der Hubraum um 0,1 Liter geschrumpft, doch das maximale Drehmoment von 360 Newtonmeter ist prächtig, da treten die 90 kW (122 PS) der Nennleistung in den Hintergrund.


    Der Motor ist vor allem eines: leiser als sein Vorgänger. Das mag mit daran liegen, dass die Kraft jetzt über sechs Gänge verteilt wird, die Höchstgeschwindigkeit wird schon im vierten erreicht.



    Wie damals in Daktari
    Es überrascht, wie drehfreudig das (einzige) Aggregat ist, wenn der Turbolader nach kurzer „Bedenkzeit“ anspricht. Dennoch sind die effektiven Fahrleistungen bescheiden: Es vergehen mindestens 19 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h, und mehr als 130 sind nicht drin, dann wird sanft abgeriegelt.


    Defensiv bis zur Selbstverleugnung
    Dem Landy-Liebhaber ist das egal, er wünscht sich dagegen sehnlichst einen wirtschaftlicheren Umgang mit Kraftstoff, doch er wird enttäuscht: Im Schnitt 11,5 Liter Diesel für 100 Kilometer lassen alles beim Alten. Tröstlich: Viel mehr als 12 Liter werden es auch bei Vollgasfahrten nicht. Wenigstens lassen sich die Gänge gut schalten, wobei der Tritt auf die Kupplung ein herzhafter sein muss.



    Immer wieder hübsch sind die seitlichen Schiebefenster
    Unter die Rubrik „hart, aber herzlich“ muss das Fahrverhalten des Defender eingeordnet werden. Mittels der Servolenkung wird die Richtung ungefähr vorgegeben, Biegungen gilt es erhobenen Hauptes zu umschiffen, der Defender kann kein Kurvenkünstler sein, wer das erwartet, sitzt im falschen Wagen. Fährt man in Kurven zu schnell, muss man sich mit einem über beide Achsen nach außen drängenden Wagen beschäftigen.


    Es sei aber festgehalten, dass der neue Defender den Elchtest besteht, solange man die schmale Original-Bereifung auf Stahlrädern unverändert lässt, eine Fachzeitschrift hat das getestet. Aber bei Vollbremsungen gerät die Fuhre trotz ABS schnell ins Schlingern, und kürzer sollte der Bremsweg auch sein. Zwar fährt man im Defender defensiv bis zur Selbstverleugnung, dennoch gehören solche Schwächen ausgemerzt.


    Der Laderaum ruft nach Heuballen


    Trotz aller Schwächen: wahrscheinlich der beste Geländewagen der Welt
    Ausgemustert wurden die lustigen Sitze im Heck, auf denen man quer zur Fahrtrichtung saß. Zwei konventionelle Einzelsitze werden nun im Heck verbaut, die sich zusammenfalten und seitlich wegklappen lassen.


    Gerade bei einem Auto wie dem Defender, das nach Heuballen im Laderaum ruft, würde man es sich wünschen, die Sitze flugs komplett herausnehmen zu können, doch das ist nicht vorgesehen. Rein rechnerisch beträgt das Ladevolumen reichlich 1700 Liter ohne hinteres Gestühl.


    Einsteigen müssen Fondpassagiere durch die hintere Tür, an der das Reserverad hängt, ein Durchstieg von vorn ist nicht möglich. Bequem kommen hinten aber nur Kinder und kleinere Erwachsene unter, es fehlt schlicht an Kopffreiheit, und die Beine müssen stark angewinkelt werden. Immer wieder hübsch sind die seitlichen Schiebefenster.


    Bei Garagen und Parkhäusern endgültig außen vor
    Der schmale Raum, der zwischen den Rücksitzen und der Tür verbleibt, reicht zwar für das Wochenendgepäck einer Familie, von Nachteil ist freilich, dass man es wieder ausladen muss, wenn zwischendurch mal Pause gemacht wird – oder man befiehlt den Kleinen eine Klettertour über die vorderen Sitze.


    Wer also Familie hat und auf den Geschmack von Freiheit und Abenteuer nicht verzichten will, der bestelle lieber den 110er Land Rover als Station Wagon. Der hat vier Türen und ist mit 4,64 Meter deutlich länger als der nur 3,90 Meter messende 90er.


    Beim 110 Station beginnen die Preise bei 29.800 Euro in der einfachsten Ausstattung. Eine Alternative wäre ein Dachgepäckträger für den 90er (rund 925 Euro im Zubehör). Dann sieht der Defender noch urwüchsiger aus, ist bei Garagen und Parkhäusern aber endgültig außen vor.


    Wahrscheinlich der beste der Welt
    Es tut uns leid, aber bei objektiver Betrachtung kann man einfach kaum ein gutes Haar am Defender lassen. Noch nicht erwähnt hatten wir den viel zu großen Wendekreis, die hohe Ladekante und die schlechte Sicht nach hinten.


    Aber es gibt auch positive Eigenschaften: Die Anhängelast beträgt 3,5 Tonnen, und dank sperrbarem Mitteldifferential sowie permanentem Allradantrieb und Untersetzungsgetriebe ist der Defender ein Ia Geländewagen, wahrscheinlich sogar der beste der Welt.


    Und warum fahren wir so ein Auto ??? Weil wir die Kisten lieben big_blume big_blume



    Gruß



    Carsten

  • Zitat von "Teufelsgemahlin"

    Fahrtbericht Land Rover Defender
    Dabei ist der Defender gar kein Auto, sondern im wahrsten Sinne des Wortes ein Geländewagen. Mehr nicht und auch nicht weniger. Wer das einmal begriffen hat, wird ihn schnell lieben lernen.


    Aber sowas von....


    Zitat

    Auch nach den unlängst erfolgten umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen bleibt der „Landy“ ein Fahrzeug von gestern, ja vielleicht sogar von vorgestern.


    "Gott sei Dank!!"


    Zitat

    Das fängt schon bei den Sitzen an. Wie seit 1948 logieren Fahrer und Beifahrer auf einer Art Podest, was zur Folge hat, das man die Sitzflächen kaum verstellen kann. Und nach wie vor muss der Fahrer viel zu nahe an der Tür kauern und sehr senkrecht sitzen.


    Deshalb heisst es "Autositz" und nich "Autocouch" oder "Autoliege".


    Zitat

    Außerdem gibt es kein ESP


    Falsch, der Defender hat E(rweitertes) S(paß) P(otenzial).


    Zitat

    Die Fahrleistungen sind bescheiden


    Kommt auf den Anspruch und den Vergleich an, ist also Relativ.


    Gruß
    AWo

    Ich fahre Land Rover Defender um die richtige Work-Drive-Balance zu finden.

    [: ]o#o[ :] SOS - Save old Series [:o]===[o:]